Wolfgang Hermann

1961 in Bregenz geboren, Schulausbildung in Dornbirn. Studium der Philosophie und Germanistik in Wien, Promotion mit einer Arbeit über Hölderlin. Von 1987 – 1990 in Berlin, dann 5 Jahre in Frankreich (Paris und Aix-en-Provence). Ausgedehnte Reisen, 2 Jahre Universitätslektor in Tokio. Freier Schriftsteller seit 1987, lebt in Bregenz. Prosa und Lyrik, Theaterstücke, Hörspiele, Film, Text-Musik-Performances. Bücher, Auswahl: In kalten Zimmern. Erzählungen. Suhrkamp 1997. Fliehende Landschaft. Roman. Haymon 2000. Bruno. Editionswerkstatt 2000. Ins Tagesinnere. Gedichte. O. Müller 2002. Das japanische Fährtenbuch. W. Neugebauer 2003-2007. Das Gesicht in der Tiefe der Strasse. Momente einer Stadt. O. Müller 2004. Herr Faustini verreist. Roman. Deuticke 2006.

Mutter ist eine Zauberin. Sie steht in der Küche, und die Töpfe dampfen und zischen. Sie öffnet das Fenster und holt die Stimme aus ihrem Rachen. Mutters Stimme wandert über die Töpfe und zum Fenster hinaus. Draußen verzaubert sie alles, und auf der Straße stehen Menschen und schauen zu Mutters Küche herein. Mutters Gesang läßt ein Röslein auf der Heide wachsen, und er bringt Regen in ein trockenes Land. Ihre Stimme ist ein Schiff, das in die Ferne segelt. Sie möchte nicht im Haus sein. Sie fliegt mit ihrer Stimme weit fort. Sie möchte nicht den ganzen Tag das Geld zählen und werden wie Glas. Mutter ist ein Kind und nie bei den Großen angekommen. Immer hat Mutter Schuhe vom Kindsein gehabt.
Jetzt steht eine alte Frau am Herd. Sie kocht mit rostigen Töpfen.

(In kalten Zimmern: Das Geld)

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