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Literatur und Musik

„De la musique avant toute chose“, hat der symbolistische Dichter Paul Verlaine in seiner „Art poétique“ gefordert und Charles Baudelaire spricht in „Les Fleurs du Mal“ von den „Correspondances“, wenn es heißt: „Les parfums, les couleurs et les sons se répondent“. Literatur und andere Künste gehören wohl zu den spannendsten Themen überhaupt. Neben bildender Kunst und Film ist es die Musik, die für uns eine besondere Anziehungskraft ausübt. Durch die Symbiose zwischen Sprache und Klang, Rhythmus und Melodie ist gute Literatur immer komponiert, man hört beim Lesen Atmosphären, Klänge, Musik. Das Wechselspiel von Musik und Literatur ist ein Paralleluniversum, in dem Bilder und Emotionen aufgehen. Während beim Lesen eines Textes der Fokus auf dem Inhalt liegt und der Geist mit dem Verständnis der Worte beschäftigt ist, schleicht sich die Musik klammheimlich um die Ecke, beleuchtet mit ihren Unter- und Nebentönen von hinten her andere Aspekte und erzeugt Stimmung. Wirklich gute Literatur, davon sind wir überzeugt, ist ganz nah an der Musik. Aus diesem Grund widmen sich die 41. Innsbrucker Wochenendgespräche der Balance zwischen Literatur und Musik.

Als Gäste dürfen wir heuer folgende Autorinnen und Autoren begrüßen: Die Berlinerin Lisa Bassenge hat sich in den letzten 20 Jahren mit ihrer urbanen Mischung aus Jazz, Blues und Chanson den Rang einer der besten deutschen Sängerinnen erobert. Die Lyrik von Christoph W. Bauer ist ein Dialog von hoher Musikalität und Unmittelbarkeit über die Zeiten hinweg und vereint stets Tradition und Moderne; mühelos setzt er Welten in Verbindung, knüpft an die Überlieferung antiker Poesie ebenso an wie an den legeren Tonfall moderner Popkultur und wechselt ungezwungen die Stimmungen und Tonlagen. Beim Schweizer Autor Jürg Beeler spielt die Musik seit Beginn seines Schreibens nicht nur thematisch immer wieder eine Rolle, sondern verbindet sich auch eng mit seiner poetischen und ästhetischen Haltung, die ihn bei seiner Arbeit leitet. Anne von Canal erzählt in ihrem Debüt Der Grund die Geschichte des Kreuzfahrtpianisten Laurits Alexander, der immer wieder gezwungen ist, sich neu zu erfinden. Gerald Fiebig, Grenzgänger zwischen Musik und Literatur par excellence, hat sich als Lyriker einen Namen gemacht, bevor er sich verstärkt der (elektroakustischen) Musik zuwandte, um neuerdings wieder den Lyriker in sich zu forcieren. Lydia Haider, die schon über Rhythmus als Subversion in Texten Thomas Bernhards und Ernst Jandls promovierte, hat in ihren Romanen Kongregation und Rotten überzeugend demonstriert, was musikalische Sprache tatsächlich bedeuten kann. Peter Henisch, Musiker wienerischer Provenienz und Autor hinreißender Romane, hat sich des Öfteren auch als Autor der Musik verschrieben; so etwa in den Romanen Schwarzer Peter und Morrisons Versteck, beide begleitet jeweils von einer CD-Veröffentlichung. Fritz Ostermayer, Radiomensch, Musiknarr und Generaldilettant (Eigendefinition), leitet mit der Schule für Dichtung eine Institution, die sich immer wieder mit dem Grenzbereich zwischen Literatur und Musik auseinandersetzt. Raphael Urweider, Schweizer Autor und Musiker, hymnisch gelobt und mehrfach ausgezeichnet für drei legendäre Gedichtbände, hat unter anderem den Beweis erbracht, dass man in Berner Mundart hervorragend rappen kann. Mit seinem schrägen Trio Lepschi begeistert Stefan Slupetzky das Publikum seit vielen Jahren mit Wienerliedern im weitesten Sinn: Satanische Klezmer-Verse treffen auf Bossa-Nova-Klagen eines schüchternen Voyeurs mit Sprachfehler, dadaistische, in Avantgardeklänge gewobene Gedichte auf Claude Debussys „Clair de Lune“ im winterlichen Wurstelprater. Als Krimi-Autor war Stefan Slupetzky bei den Innsbrucker Wochenendgesprächen 2016 zu Gast, heuer wird er die Gespräche moderieren.

Birgit Holzner und Joe Rabl

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