Olga Flor

Geboren 1968 in Wien. Aufgewachsen in Wien, Köln und Graz. Studierte Physik und Kunstgeschichte in Graz. Nach Abschluss des Studiums Berufstätigkeit im Multimedia-Bereich. Veröffentlichungen von Prosa und dramatischen Texten in Literaturzeitschriften, Anthologien und im Rundfunk. Der Monolog “Fleischgerichte” wurde 2004 im Schauspielhaus Graz uraufgeführt. 2 Romane: Erlkönig. Roman in 64 Bildern. Steirische Verlagsgesellschaft 2002. Talschluss. Roman. Zsolnay 2005.

Der Kirchenvorplatz ist hell vor Kälte, obwohl sich der Schnee schon längst in Matsch verwandelt hat. Ich wollte eine Winterhochzeit. Die Luft so klar und schneidend. Die Leute sind schon alle drin. Ich lächle. Mir ist kalt, das ist nicht zu leugnen. Vater stellt den Wagen ab, das wollte er zumindest. Vielleicht hat er Probleme mit dem Schlüssel? Bei den Temperaturen werden schnell die Finger steif. Ich will endlich hinein. Obwohl auch so ein Kircheninneres im Winter die Kälte hortet, obwohl die Wärmeabstrahlung der Körper sich in der Höhe des Kirchenschiffs verflüchtigt, stelle ich es mir drinnen angenehmer vor. Muss er mich wirklich warten lassen? Ich werde wenigstens die Zeit nutzen. Ich werde mich vorbereiten. Vater, sage ich, Vater, vergib mir, ich habe gesündigt. Was anderes fällt mir nicht ein angesichts der Kirche. Ist aber auch ganz tröstlich bei mehrfacher Wiederholung.

(Die rechte Braut. In: Wien. Eine literarische Einladung. Wagenbach 2004)

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