Anna Ruchat

1959 in Zürich geboren, im Tessin und in Rom aufgewachsen, studierte Philosophie und deutsche Literatur in Pavia und Zürich. Langjährige Tätigkeit als Übersetzerin u. a. von Thomas Bernhard, Paul Celan, Nelly Sachs, Friedrich Dürrenmatt, Viktor Klemperer, Mariella Mehr, Kathrin Schmidt und Norbert Gstrein. Sie unterrichtet an der Europäischen Übersetzerschule in Mailand. Seit 2002 verwaltet sie das Archiv Franco Beltrametti. Lebt in Pavia.

Publikationen (Auswahl): Thomas Manns Roman-Projekt über Friedrich den Großen im Spiegel der Notizen. Edition und Interpretation, Ed. Bouvier 1989. In questa vita. Ed. Casagrande 2004. In deutscher Übersetzung erschienen unter dem Titel Die beiden Türen der Welt. Vier Erzählungen, a. d. Italien. von Franziska Kristen. Rotpunktverlag 2006. Mimare frasi. Biblioteca cantonale Bellinzona: Messaggi brevi 2005. Geografia senza fiume, poesia. Ed. Campanotto 2006. Il male minore. Ed. della Fondazione Franco Beltrametti 2006.

Es war im Mai, als man ihn fand, in einem Hotelzimmer in Genua, voll gepumpt mit Barbituraten, hat man Ihnen das nicht erzählt? Freunde hatte er keine mehr, der Kontakt zu den dänischen Verwandten war seit längerem abgebrochen, seine Mutter war gestorben, die Geschwister in aller Welt verstreut. Ich war die Einzige, die an einem regnerischen Dienstag hinter dem Sarg herlief, ich und ein paar treue Kunden. Nach der kurzen Trauerfeier stellten sie sich vor: maßgeschneiderte Anzüge, das sah man auf den ersten Blick, alles anständige, feine Leute, sie erklärten, ihn gekannt und geschätzt zu haben, als Schneider sowie als Mensch.

(Die beiden Türen der Welt, aus dem gleichnamigen Band)

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