Nico Bleutge
1972 in München geboren, studierte Neuere Deutsche Literatur, Allgemeine Rhetorik und Philosophie in Tübingen. Heute lebt er in Berlin. Für sein Schreiben wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Anna-Seghers-Preis (2006), dem Wilhelm-Lehmann-Preis (2011) und dem Erich-Fried-Preis (2012). Zuletzt erschienen: Fallstreifen (Gedichte, C.H.Beck, 2008), verdecktes gelände (Gedichte, C.H.Beck, 2013).
grauwacke. kaum mehr zu halten, kaum mehr zu haltendes grau
einer landschaft. grau, verhüllt von feldgrau, zementgrau. dichtes
in schichten gelagertes grau dieser gegend. feldspat, chlorit. und
die rauchgrauen wehen, ziehend, im schlaf.
schon zerspellt die
bewegung. gehen, aufgehendes schleiern, gleiten im schauen, aal-
haut, wasserhaut, quarz. strömung aus grau, die sich öffnet
gleich wieder aufgesaugt wird. nur ein einschluß von kohle, kaum
mehr zu spüren, kaum mehr zu haltende schwingung der gegend
dämmern schon.
feuchte, innere graue flut, eisenfarbene
tiefe, näher dem boden, näher dem grundwogen zu. steingrau
und gußgrau, ununterbrochen, unaufhörliches schieben
von grau, das sich umstülpt, grau, das sich auflöst, zinn-
grau, basaltgrau, schelferndes grau.
Aus: verdecktes gelände (C.H.Beck, 2013)