Innsbrucker Wochenendgespräche 2021: diverse Premieren, live gestreamt

Es war, generell, ein Jahr der Premieren: Nachdem 2020 – nach 42 Jahren – zum ersten Mal keine Wochenendgespräche stattfinden konnten, ging die 43. Ausgabe im Mai 2021 mit einjähriger Verzögerung über die Bühne. Das Thema (Film) war dasselbe geblieben, die Diskutant*innen mit einer Ausnahme auch. Die Rahmenbedingungen hatten sich geändert: Publikum war keines zugelassen, die Veranstaltung wurde in voller Länge im Internet gestreamt.

Das war schon am Donnerstagabend so, bei der traditionellen Auftakt-Lesung im ORF-Landesstudio Tirol. Und auch hier gab es eine Premiere, denn es wurde nicht wie in den vergangenen Jahren am ersten und am letzten Abend gelesen, die Lesungen fanden alle an diesem einen Abend statt. Das hieß natürlich für die Autor*innen, sich in der Lesezeit auf wenige Minuten zu beschränken, um den Abend nicht ins Unermessliche ausufern zu lassen.

Und siehe da, die aus Gründen des technischen Aufwands gebotene Umstellung erwies sich als spannender Einstieg in die Wochenendgespräche. Eine Stunde und zwölf Minuten: der Blick auf die Uhr im ORF-Studio zeigte die Dauer des Abends exakt an; der Auftritt der Autor*innen: ein abwechslungsreicher Reigen verschiedenartiger Texte; in Summe ein spannender Auftakt, der in aller Kürze einen vielsagenden Einblick in die literarischen Arbeiten der Teilnehmenden gab. Und das Interesse für die Diskussionen in den folgenden Tagen weckte.

Freitag und Samstag wurde dann, wie üblich, diskutiert, nicht mehr im Tiroler Landestheater, sondern zum ersten Mal im Haus der Musik. Das Ambiente war stimmig, die Terrassen im fünften Stock sorgten für Aha-Erlebnisse beim Blick über Innsbruck, das Drumherum (kein Catering bei den Gesprächen, dafür „Das Brahms“ inklusive sonnigem Gastgarten im Parterre) tadellos.

Die Gespräche selbst waren spannend wie immer, auch wenn sich das Geschehen zu hundert Prozent auf das Podium konzentrierte; keine Fragen, Anregungen, Einwände aus dem (nicht vorhandenen) Publikum, keine Einwürfe der gerade nicht am Podium sitzenden Autor*innen. Und der Raum voller technischem Equipment: Zu den Mikros und Mischpulten des ORF (Martin Sailer hat wie gewohnt die Gespräche mitgeschnitten, um sie zu Hörfunksendungen zu verarbeiten) kamen die Kameras und die technische Schnittstelle zur Übertragung ins Internet.

Hat, wie alles andere in diesen Tagen, wunderbar funktioniert; und zahlreiche Interessierte haben sich übers Internet zugeschaltet: zwischen 50 und 120 Einstiege bei den jeweiligen Diskussionen. Was nichts anderes heißt, als dass die Wochenendgespräche 2021 weit mehr Menschen erreichten, als dies in den Jahren zuvor möglich gewesen wäre; mehr als hundert Zuhörer*innen hätten schon von den räumlichen Möglichkeiten her den Rahmen gesprengt. Man wird sich also durchaus überlegen müssen, wie die Wochenendgespräche weitergehen. Mit Publikum, das auf jeden Fall (sofern zugelassen), aber vielleicht zusätzlich als Stream im Internet, um sowohl jenen, die live dabei sein wollen, als auch allen anderen, die – von wo auch immer – zusehen möchten, die Möglichkeit dazu zu geben. Und wer all das nicht schafft, kann sich auch noch Wochen danach über den YouTube-Account in die Veranstaltung einklinken.

Und worum ging’s bei den Gesprächen? Um Film und um Literatur (natürlich!), um Gott und die Welt (wie immer), um Lachen und Weinen, um Filme mit und ohne auserzähltem Plot, um große Ideen und gescheiterte Revolutionen; und all das setzte sich fort, beim gemeinsamen Essen (auf Vierertischen mit dem gebotenen Abstand) und zu später Stunde als Stehpartie am Innsbrucker Marktplatz. Denn die Diskussionen wollten auch nach der Zehn-Uhr-Sperrstunde fortgesetzt werden, wann kommt man denn schon so gemütlich zusammen wie in diesen Tagen, die trotz erschwerter Bedingungen wieder einmal so viel Spannendes, zum Weiterdenken Anregendes geboten haben?!

Joe Rabl

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